Wer denkt, „Cannabis ist einfach Cannabis“, könnte genauso gut sagen: „Wein ist einfach Traubensaft.“ In der Welt des Hanfs gibt es drei große Familien: Indica, Sativa und Hybride. Jede hat ihre eigene Geschichte, ein unverwechselbares Aussehen, einen eigenen „Charakter“ – und, was für viele entscheidend ist, eine andere Wirkung.
Woher kommen sie? – Eine kurze Reise durch die Zeit
Cannabis indica
Stell dir die rauen Berge des Hindukusch vor, wo der Sommer kurz ist und die Nächte selbst im August kühl werden. Dort, in Afghanistan, Pakistan und Nepal, bauten Bauern seit Jahrhunderten kompakte, robuste Pflanzen an, die noch vor den ersten Frösten blühen mussten. Im 18. Jahrhundert erkannte der französische Naturforscher Jean-Baptiste Lamarck diese Besonderheiten und beschrieb sie als eigene Art – Cannabis indica.
Cannabis sativa
Sativa ist das Kind der Tropen. Kolumbien, Thailand, Kambodscha, das südliche Afrika – Orte, an denen die Sonne das ganze Jahr über scheint und die Pflanzen unbegrenzt in die Höhe wachsen können. Bereits im 18. Jahrhundert von Carl von Linné beschrieben, war Sativa zunächst vor allem als Industriehanf bekannt. In ihren psychoaktiven Formen zeigt sie jedoch ein ganz anderes Gesicht als Indica.
Hybride
Hybridsorten sind die Neuzugänge der Familie – entstanden in den 1970er- und 1980er-Jahren, als Züchter erstmals Zugriff auf Genetik aus verschiedenen Kontinenten hatten. Ihr Ziel war simpel: die besten Eigenschaften beider Welten zu vereinen.
Wie sehen sie aus? – Botanik in der Praxis
Indica: Niedrig und kompakt, mit breiten, dunkelgrünen Blättern und dichten, harzigen Blüten. Perfekt für kleine Indoor-Setups. Kurze Blütezeit – oft nur 6–9 Wochen.
Sativa: Hoch und elegant, mit langen, schmalen Blättern. Die Blüten sind lockerer, was ihnen hilft, das feuchte tropische Klima zu überstehen. Die Blüte kann bis zu 16 Wochen dauern – Geduld ist gefragt.
Hybride: Das Erscheinungsbild hängt von der genetischen Dominanz ab – zwischen der kompakten Struktur einer Indica und der Höhe einer Sativa. Blütezeit meist 8–12 Wochen.
Chemie und Aroma – warum wirken sie unterschiedlich?
Es geht nicht nur um THC – auch CBD und Terpene spielen eine Schlüsselrolle.
- Indica: Oft höheres CBD-zu-THC-Verhältnis, erdige, würzige, pinienartige oder haschartige Aromen. Wirkung – tiefe körperliche Entspannung, Muskelentspannung, Schläfrigkeit.
- Sativa: Meist höherer THC-Gehalt, fruchtige, zitrusartige oder „skunkige“ Aromen. Wirkung – anregend, stimmungsaufhellend, kreativitätsfördernd.
- Hybride: Ein Mix, der in die eine oder andere Richtung tendieren oder ein ausgewogenes Erlebnis bieten kann.
In Medizin und Freizeit
Indica: Abendliche Entspannung, Schmerzlinderung, Einschlafhilfe, Stressabbau.
Sativa: Energie am Tag, Stimmungsverbesserung, Appetitanregung, Kreativität.
Hybride: Maßgeschneiderte Effekte – je nach Sorte anregend oder beruhigend.
Kurzer Vergleich
Merkmal | Indica | Sativa | Hybrid |
---|---|---|---|
Herkunft | Asiatische Berge, Afghanistan, Pakistan | Tropen, Südamerika, Asien | Kreuzung aus Indica und Sativa |
Höhe | 60–150 cm | 150–300 cm | Abhängig von Genetik |
Blätter | Breit, dunkelgrün | Schmal, hellgrün | Gemischt |
Blütezeit | 6–9 Wochen | 10–16 Wochen | 8–12 Wochen |
Wirkung | Entspannung, Beruhigung | Energie, Euphorie | Gemischte Wirkung |
Aroma | Erdige, würzige Noten | Fruchtig, zitrusartig | Vielfältig |
Für den Grower – wie wählt man richtig?
- Platz: Für kleine Räume eignen sich Indica oder indica-dominante Hybride. Sativa braucht Höhe und Licht.
- Zeit: Schnelle Ernte – Indica. Geduldige Züchter werden bei Sativa mit großen, aromatischen Blüten belohnt.
- Gewünschte Wirkung: Entspannung (Indica), Energie (Sativa), Balance (Hybrid).
- Klima: Wähle eine Sorte, die zu deiner Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsumgebung passt.
Fazit
Indica, Sativa und Hybride sind wie drei Persönlichkeiten in derselben Familie – die eine ruhig und fürsorglich, die andere lebhaft und abenteuerlustig, die dritte eine Mischung aus beidem. Wer ihre Geschichte, ihr Aussehen, ihre Wirkung und ihre Anbauvorlieben kennt, investiert direkt in den Erfolg seiner Ernte – ob man nun dichte, harzüberzogene Indica-Buds oder hohe, aromatische Sativa-Blüten anstrebt.